Re: Canyoningführerausbildung bzw. -weiterbildung


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Abgeschickt von Stefan Hofmann am 14 April, 2006 um 21:53:42

Antwort auf: Re: Canyoningführerausbildung bzw. -weiterbildung von Christian Ortner am 28 Maerz, 2006 um 11:40:28:

Hallo Carsten,

von Führungen mit kommerziellen Charakter würde ich in Frankreich ohne eine franz. Ausbildung die Hände lassen. Frankreich erkennt zur Zeit überhaupt keine ausländischen Ausbildungen oder wird diese nach allen Regeln der Kunst verweigern.

Die Tiroler Ausbildung ist gesetzlich geregelt. Aber im Landesgesetz. Da kann ich jetzt schon fast sicher sagen, wie da das franz. Sportministerium reagiert. Die EU ist für das franz. Sportministerium noch viel Theorie. Frankreich bezahlt pro Jahr etwa 500.000 Euro Strafe für nicht umgesetzte EU-Richtlinien. Unser Berufsverband hat dies schon eingeklagt und so wie es aussieht, geht es bis vor den europ. Gerichtshof (im Juni bekommte Frankreich von der EU die zweite und letzte Mahnung).
Bei der aktuellen Reaktion von Tirol wird das auch diesen Weg gehen (aber hoffentlich früher aufhören).

Ich habe mehrere Jahre im Vercors Touren geführt und würde die meisten Canyons dort als schwer bezeichnen (es passiert dort auch genug). Bei der Wahl eines franz. Führers solltest du vor allem darauf achten, dass dieser viele Jahre Canyoning auf dem Buckel hat, denn in Frankreich ist die Zusatzausbildung Canyoning für die staatl. Seilausbildungen nur etwa 5 Tage lang. D.h. man ist nach 5 Tagen Ausbildung Canyoning-Guide ! Wenn du also einen jungen Kletterlehrer nimmst, dann hat der zwar im Prinzip eine Ausbildung gemacht, die ihn sicher super für's Klettern qualifiziert, aber seine wirklichen Canyoningerfahrungen wird er aber leider erst mit seinen Kunden sammeln. Das kannst du wie gesagt umgehen, wenn du einen "alten Hasen" ausfindig machen kannst. Da es bei den Franzosen aber keine Fortbildungspflicht gibt, kann es auch sein, dass der alte Hase mit genauso alten/überholten Techniken aufmarschiert. Es gibt genug Führer, die ihre Canyoningtouren eher "überlebten", als sicher durchgeführt zu haben.

Also keine leichte Entscheidung, die du da zu fällen hast.

Von einer "Schnellausbildung", die dich für diesen Job qualifizieren soll, rate ich dringendst ab. Das Führen von Menschen durch Canyons ist eine äusserst verantwortungsvolle Aufgabe, die sehr schnell schief gehen kann. Eine Ausbildung alleine ist dafür keine Lösung. Du musst auch bei deiner weiteren Entwicklung betreut werden. Seriösere Ausbildungen fordern noch während der Ausbildungsphase Tourenpraktikas - also nicht nur Kurse und dann mal mit Gästen Erfahrung sammeln - sondern unter Aufsicht von erfahrenen Führern als Assistent erste Schritte wagen. Das dauert zwar länger, ist aber eindeutig der sicherere Weg.

Zum Thema teure Ausbildung. Es gibt immer was billigeres und kürzeres auf dem Ausbildungsmarkt. Wenn dir Zeit und Geld ein wichtiger Faktor ist, dann hast du, meiner Meinung nach, grundsätzlich eine falsche Einstellung. Du sagst damit zwischen den Zeilen, dass dir die Menschenleben die Investition von 1000 Euro (oder mehr) + mehreren Ausbildungstagen nicht Wert sind ...
Das erinnert mich an die Preisfeilscherei bei Seilen. Da wurden Seile gekauft, die in östlichen Ländern sehr günstig angeboten wurden, aber eine schlechte bis sehr schlechte Qualität lieferten. Aber hauptsache günstig. Da wird schnell ein Menschenleben (unbewusst) an ein paar Euros fest gemacht.

Ich bilde seit über 10 Jahren Profiführer aus und lerne jeden Tag noch dazu. Ich bin früher tausende von Kilomtern gefahren, damit man mir Dinge zeigt, die mein Überleben und das meiner Gäste sichern soll. Die teuersten Kurse heute sind im Vergleich dazu immer noch günstiger.

Daher scheu weder Geld noch Zeit - und schau auf den Inhalt der Ausbildung.

Staatlich anerkannt ist keine Garantie. Das sage ich nicht nur, weil die CEC (noch) keine hat. Warum auch. In Frankreich laufen hunderte von Führern rum, die einen staatl. geprüften Titel tragen - und eine sehr schlechte Arbeit liefern. Was will ein Gast von einem Führer ? Er will eine saubere und weitestgehend sichere Führung. Einen Führer, der sich um seine Gäste kümmert und nicht im Kartoffelsackverfahren die Wasserfälle runter seilt. Sowas scheint die staatl. Stellen in allen Ländern schlichtweg nicht mehr zu interessieren - aber Hauptsache eine Ausbildung anbieten ...

Falls du dich, unabhängig von dieser Reise, für die Ausbildung zum Canyonführer interessierst, dann lege ich dir die Ausbildung der CEC/CIC ans Herz, die dir so unbekannt gar nicht zu sein scheint. Für weitere Fragen kannst du dich auch gerne an mich direkt wenden.

Meine 10 Cent zu diesem Thema,

Stefan




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