Abgeschickt von Werner am 24 November, 2005 um 16:58:53:
Antwort auf: Re: zur Klärung von Wolfgang am 23 November, 2005 um 17:31:41:
Weder damals noch jetzt war das eine Kurzschlußhandlung.
Den Vorwurf, ich würde beim Canyoning alle Vorsicht außer Acht lassen (den Zusammenhang begreife ich allerdings nicht ganz), kann ich nicht unwidersprochen lassen. Ich habe bei Touren mit anderen immer darauf geachtet, daß dabei weder ich noch die anderen Teilnehmer überfordert waren, und ich habe mich bei meiner Einschätzung nie vertan. Ich gebe zu, daß ich bei der von Wolfgang (Stich) angesprochenen Tour (oberer Variola mit viel Wasser) die Polen überredet habe, weil ich die Tour - die tatsächlich schön ist - gerne machen wollte. Ich war mir aber sicher, daß ich sie mit ihnen gut durchführen konnte, hatte ich die Polen doch am Tag vorher im mittleren Devero erprobt - in dem Abschnitt mit viel Wasser, den du, Wolfgang, lieber nicht mitgehen wolltest. Freilich hätten die Polen die Tour in eigener Regie kaum machen können, aber sie werden sich bestimmt gerne, wenn auch vielleicht mit etwas Schaudern daran erinnern. Jedenfalls konnten sie mit ihrer Angst besser umgehen als Wolfgang. Warum bist du, Wolfgang, mitgekommen, wenn du die Tour für zu gefährlich hieltst? Nicht nur die Polen brauchten mich als Führer, sondern auch du selbst. Wenn man nur Touren mit annähernd gleich guten Partnern machen sollte, dürfte es auch keine kommerziell geführten Touren geben und niemand könnte je bei einem Erfahreneren etwas lernen.
Ich nehme ohne Weiteres von Touren Abstand, wenn sie mir zu gefährlich erscheinen. Momentan sind mir zwei solche Fälle im Gedächtnis, einmal bei Gewitter vor vielen Jahren (hierbei warst du, Wolfgang, derjenige, der zunächst nicht abbrechen wollte; bald darauf kam die Flutwelle) und dann vorletztes Wochenende (die Leutaschklamm ist mir doch eine Nummer zu groß, was die Wasserwucht angeht). Man kann mir vielleicht vorwerfen, daß mit mir Unfälle vorgekommen sind, aber die ergaben sich stets aus einer unglücklichen Verkettung von Umständen, nicht weil der Betroffene an der Stelle tatsächlich überfordert war. Auch bei der Variola-Tour stürtzte einer der Polen ab, als er sich unbemerkt ins Abziehseil einband - zum Glück blieb er unverletzt. Natürlich mache ich mir dann Vorwürfe wegen nicht genügender Aufmerksamkeit (in diesem Fall standen wir beide, Wolfgang und ich, dabei). Aber noch nie hat mir ein Teilnehmer vorgeworfen, ich sei unvorsichtig gewesen und hätte die Tour nicht machen dürfen.
Daß mein Können oft unterschätzt wird (ich denke, auch von Wolfgang) hat mich nie sehr gestört, gibt es doch dadurch größere Sicherheit, und es ist mir lieber, als wenn ich überschätzt würde. Ich vermeide es auch, bis an meine Grenzen zu gehen, um immer noch eine Sicherheitsreserve zu haben, so wie ich früher beim Klettern auch nie bis an die Sturzgrenze gegangen bin, und wenn ich noch so gut gesichert war. Bestimmt halten manche meine Alleingänge für puren Leichtsinn. Aber seid euch da nicht zu sicher, ob es nicht doch etwas mit Können zu tun hat (und ich meine nicht nur die Technik, auch gutes Einschätzungsvermögen gehört z.B. dazu). Jemand, der etwas nicht kann oder sich nicht zutraut, ist leicht bereit, andere, die dieses tun, für verrückt oder lebensmüde zu erklären - so denken auch Nichtcanyonisten oft über uns Canyonisten. Zum Beispiel ist das Klettern ohne Seil vom Standpunkt der größtmöglichen Sicherheit völlig absurd, aber darf es darum nicht jemand, der es kann und will, auch tun?
Jedenfalls muß jemand, der mir mangelndes Verantwortungsbewusstsein vorwirft, das schon gut begründen.