Re: Eiscanyoning


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Abgeschickt von Günter Karnutsch am 09 Februar, 2012 um 14:44:35

Antwort auf: Re: Eiscanyoning von Stefan am 09 Februar, 2012 um 11:21:47:

Ich kann es mir nicht verkneifen, meinem Beitrag vom 07.02. doch noch ein paar klärende Worte hinzu zufügen:
ad „Denkanstoß - in welcher Hinsicht? - Ich kann aus dem ORF - Beitrag nirgends erkennen, dass die Kreislaufprobleme irgendetwas mit dem Wintercanyoning zu tun hatten.“
• Es dürfte wohl allgemein bekannt sein, dass es bei körperlicher Erschöpfung besonders leicht zu einer Hypothermie (Unterkühlung) des Körpers kommen kann, die ab Stufe II ein Absinken des Pulses und des Blutdrucks zur Folge hat. Ab Stufe III kann es zu einem Kammerflimmern kommen, dass dann wegen der fehlenden Pumpleistung des Herzens unmittelbar zum Tode führt. Diese Vorgänge sind uns Bergrettern aus der Erfahrung bei Lawinenunfällen hinlänglich bekannt und erlauben wertvolle Rückschlüsse bei der Rettungstätigkeit in Canyons. Dass sich diese Problematik in winterlichen Schluchten ungleich stärker auswirkt, muss wohl nicht näher erklärt werden.
ad „Sicher, die Bergung hat sich wahrscheinlich deutlich schwieriger gestaltet“
• „Deutlich schwieriger“ ist am ehesten noch mit „Verniedlichung“ auszudrücken! Nur wer jemals bei einem Einsatz im Sommer zugegen war, kann einigermaßen ermessen, was im Winter auf die Retter zukommt. Im gegenständlichen Fall wäre eine Erstversorgung durch eine Rettungsmannschaft, welche sich durch den Canyon vom Einstieg zu den Opfern hin bewegt – wie im Sommer üblich – nicht zu verantworten gewesen. Auch hier gilt: Gesundheit und Leben der Retter haben oberste Priorität! Bei den gegebenen Verhältnissen am Samstag konnte dafür nicht mehr garantiert werden. Hätte der Hubschrauber die beiden Personen nicht am langen Bergetau (schon mal erlebt, was hier Pilot und Flugretter riskieren?) aus der Schlucht holen können, wäre eine äußerst material- und zeitaufwendige Windenbergung notwendig gewesen. Ob dies beide Opfer überlebt hätten, ist schon aufgrund des kritischen Zustands einer der beiden zum Zeitpunkt der Helibergung mehr als fraglich.
ad „gehe nur Schluchteln, wenn Du hinreichend fit bist und sicher sein kannst, mit Deinen Fähigkeiten und Deiner Kondition in vertretbarer Zeit durchzukommen.“
• Diese Aussage kann ich voll teilen, ist aber nichts mehr als eine Binsenweisheit und wohl die unbedingte Voraussetzung, um Canyoning überhaupt praktizieren zu können!
abschließende Bemerkung:

Wenngleich auch ich weiß, wie es sich anfühlt, im Winter zwischen Eischollen in Schluchten zu schwimmen und durch Schnee zu wühlen, ziehe ich es doch eher vor, diese im „klassischen Eiskletterstil“- von unten nach oben zu besteigen. Trotzdem sei jedem diese Freiheit unbenommen!
Allerdings sollte sich jeder Extremsportler, der diese Disziplin wählt, unbedingt bewusst sein, dass Canyoning im Winter eine eigenständige Disziplin darstellt, welche zu komplex ist, als dass man sie mit „normalem Canyoning“ auch nur einigermaßen vergleichen kann! Wie schon von Stefan gepostet, bedarf es eines umfangreichen Wissens, das weit über das „normale“ Canyoningwissen hinausreicht und vor allem einer anderen Ausrüstung. Ohne Trockenanzug bei Minusgraden ins Wasser zu gehen, ist schlichtweg fahrlässig! Natürlich kann man dies auch unbeschadet praktizieren, doch sollte man sich schon im Vorfeld vergegenwärtigen, zu welchem Schluss ein Gerichtssachverständiger in einem allfälligen Verfahren kommen wird!
Diese Zeilen sollen keinesfalls als Belehrung aufgefasst werden, sondern einzig allein die Community für die Gefahren dieser Extremsportart sensibilisieren. Einfach mal ausprobieren und mitgehen, scheinen mir zumindest wert, hinterfragt zu werden!




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