Re: Hi Werner


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Abgeschickt von Werner Baumgarten am 10 Januar, 2012 um 17:27:57:

Antwort auf: Hi Werner von Martin Pahl am 06 Januar, 2012 um 12:27:16:

Hei Martin,

was ich aus der von dir erwähnten Tour (im italienischen Isorno) gelernt habe: Man sollte bei derart unsicherer Wetterlage nicht in einen Canyon einsteigen, der weder eine Ausstiegsmöglichkeit noch einen hochwassersicheren Aufenthaltsort bietet, selbst wenn man den Canyon kennt und er nur kurz ist. Denn stell dir vor, es wäre irgendeine Situation aufgetaucht, die uns längere Zeit beansprucht hätte ...

Wir haben damals beide Entscheidungen (den Einstieg zu wagen und die uns durch die Franzosen eröffnete Ausstiegsmöglichkeit nicht zu benützen) gemeinsam nach allgemeiner Beratung getroffen. Heute würde ich anders entscheiden. Grundsätzlich sind solche Entscheidungen immer im Einzelfall zu treffen unter Berücksichtigung aller bekannten Gegebenheiten sowie Einschätzungen.

Es gibt kein allgemeines Rezept hierbei. Es sei denn, man geht prinzipiell niemals bei unsicherer Wetterlage. Das kann man machen, dann ist man immer auf der sicheren Seite, aber es werden einem so manche Touren entgehen. Meine Ansicht ist: Jeder Teilnehmer hat abzuwägen, für wie groß er das Risiko hält. Wird das Risiko für ausreichend gering angesehen und möchte man die Tour gern machen, dann wird man sich dafür entscheiden. Dabei fällt natürlich die Einschätzung der erfahreneren Teilnehmer ins Gewicht, aber letztendlich entscheidet jeder für sich selbst. Ich habe darum auch noch niemals versucht, andere zu überreden (etwa „ach komm, stell dich nicht so an, ist doch völlig harmlos“). Man muß sich aber über drei Dinge im Klaren sein: 1. Es gibt häufig genug Fehleinschätzungen des Risikos, insbesondere wenn man wenig Erfahrung hat. 2. Man muß damit rechnen, daß bei der Tour nicht alles optimal läuft und man sich vielleicht länger als vermutet an einer Stelle aufhalten muß. 3. Auch wenn das Risiko gering ist, so ist es doch nicht Null; wenn man Pech hat, tritt halt genau der wenig wahrscheinliche Fall ein.

Es sei auch noch erwähnt, daß man die Wetterentwicklung manchmal überhaupt nicht vorhersehen kann, z.B. wenn eine Kaltfront schnell herankommt, die sich durch keine Vorboten bemerkbar macht. Ich habe von einer Gruppe Franzosen gehört, die letztes Jahr bei strahlendem Himmel in die Gamsgartenklamm einstieg „und eine Stunde später begann die Sintflut“. Besonders gefährlich ist das bei längerem Auslandsaufenthalt, wenn man die Landessprache kaum beherrscht und keinen Wetterbericht hört oder liest.



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